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Steuern: Gibt es ein Auskunftsverweigerungsrecht?

Gibt es ein Recht, seine Aussage zu bestimmten Fragen und Themen zu verweigern?

Ganz allgemein, also rechtsgebietsübergreifend ist das Auskunftsverweigerungsrecht, fachsprachlich AVR abgekürzt, für den Zeugen das Recht, seine Aussage zu bestimmten Fragen und Themen zu verweigern. Auskunft ist die aufklärende Information oder Mitteilung auf eine konkrete Frage hin. Der Zeuge ist rechtzeitig vorher über sein gesetzliches AVR zu belehren.

Im Steuerrecht steht dem Steuerpflichtigen auch deswegen kein AVR zu, weil er selbst Beteiligter, möglicherweise Beschuldigter und kein außen stehender Zeuge ist. Dasselbe gilt für all diejenigen natürlichen sowie juristischen Personen des Privatrechts, die am betreffenden Steuervorgang direkt sowie mittelbar beteiligt sind. Sie sind, im Gegensatz zum AVR zur Auskunft verpflichtet.

Zum Personenkreis mit einem ausdrücklichen AVR gehören auch die Angehörigen derjenigen Person, über die Auskunft verlangt wird. Das gilt jedoch nur und insofern, „als sie nicht selbst als Beteiligte über ihre eigenen steuerlichen Verhältnisse auskunftspflichtig sind oder die Auskunftspflicht für einen Beteiligten zu erfüllen haben“.

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Auskunftsverweigerungsrecht im Steuerrecht

Die Auskunftspflicht beziehungsweise das Auskunftsverweigerungsrecht kommt in der Alltagspraxis des Steuerwesens deutlich häufiger vor, als auf den ersten Blick vermutet wird. In vielen Fällen handelt es sich dabei nicht um die private Steuererklärung des Steuerpflichtigen als natürliche Person, sondern um juristische Personen wie Personen- und Kapitalgesellschaften, wie Kirchen, Vereine und Verbände sowie gemeinnützige oder kommerziell orientierte Organisationen nebst den vielfältigen Hilfsorganisationen.

Der folgende Personenkreis ist solange dazu berechtigt, die Auskunft zu verweigern, bis er von seiner Verschwiegenheitspflicht formell entbunden worden ist:

  • Steuerberater
  • Wirtschaftsprüfer
  • Steuerbevollmächtigte
  • Buchprüfer
  • Rechtsanwälte
  • Notare
  • Geistliche in ihrer Eigenschaft als Seelsorger
  • Angehörige von Bundes- und von Landtag, denen in dieser Eigenschaft Sachverhalte anvertraut worden sind
  • Mitarbeiter im journalistischen und redaktionellen Bereich

Grundlage für das Auskunftsverweigerungsrecht ist das Grundgesetz. Demnach braucht sich niemand selbst zu belasten. Je aufwändiger und komplizierter das einzelne Steuerverfahren ist, desto höher ist der Wert des AVR. Anders gesagt, desto mehr wird darum gestritten. Hier kann es auf buchstäblich jeden Satz oder Halbsatz ankommen. So ist es beispielsweie ohne Weiteres möglich, einen Zeugen trotz seines AVR zu vereidigen. Bei dem abzulegenden Eid wird der Teilbereich, auf den sich das AVR erstreckt beziehungsweise begrenzt, ausdrücklich ausgeklammert. Der Eid bezieht sich insofern auf alle anderen Teilbereiche der zu beeidigenden Aussage.

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Familie und Co.

Als Familienangehörige im Sinne von § 15 der Abgabenordnung gelten Verlobte, Ehegatten, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten der Geschwister sowie Geschwister der Ehegatten, Geschwister der Eltern oder auch Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit einer häuslichen Gemeinschaft wie Eltern und Kind untereinander verbunden sind. Derartige AVR-Vorkommnisse verlaufen in der Regel innerhalb eines umfangreichen Steuerstrafverfahrens recht unspektakulär. Hier wird, wie es im Sprachgebrauch genannt wird, von beiden Seiten mit harten Bandagen gekämpft. Die Beteiligten tun gut daran, sich von einem Fachanwalt für Steuerrecht sowohl beraten als auch vertreten zu lassen.

Nach § 93 AO besteht zwar grundsätzlich eine Auskunftspflicht im Besteuerungsverfahren, nicht jedoch ein allgemeines Verwertungsverbot für diejenigen Tatsachen, die unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften ermittelt worden sind. Das öffnet den Finanzbehörden Tür und Tor. Lediglich dann, wenn es dem Schutzzweck der verletzten Norm dient, kann ein konkretes Verwertungsverbot entschieden werden. Der Bundesfinanzhof vertritt mit seiner geltenden Rechtsprechung die Auffassung, dass es der Schutzzweck rechtfertigt, bei einem Verstoß gegen § 101 AO ein Verwertungsverbot anzunehmen. Danach „können die Angehörigen eines Beteiligten die Auskunft verweigern, soweit sie nicht selbst als Beteiligte über ihre eigenen steuerlichen Verhältnisse auskunftspflichtig sind oder die Auskunftspflicht für einen Beteiligten zu erfüllen haben. Die Angehörigen sind über das Auskunftsverweigerungsrecht zu belehren, und die Belehrung ist aktenkundig zu machen“.

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Was bedeutet das für den Alltag?

Diese Ausführungen machen deutlich, dass im gegebenen Einzelfall um wirklich jede Definition und jeden Halbsatz diskutiert sowie gestritten werden kann. Das ist sicherlich nicht bei jeder Nullachtfünfzehn-Steuererklärung der Fall.

Durchaus vorstellbar sind solche Situationen in Steuerverfahren zum Erbrecht in einem Familienunternehmen oder bei einer drohenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit mit der Folge einer Nachzahlung für mehrere Steuerarten von der Mehrwertsteuer bis zur Gewerbesteuer.

Im Allgemeinen lässt sich festhalten, dass der Steuerpflichtige in derartigen Streit- und Rechtssituationen immer den Rat und die kombinierte Hilfe eines versierten Steuerberaters und eines Fachanwaltes für Steuerrecht suchen sollte. Ihm muss bewusst sein, dass die Finanzbehörde, wie es heißt, meistens am längeren Hebel sitzt. Um sie auszuhebeln, müssen die eigenen Rechte peinlichst genau gewährt und geschützt werden. Dazu gehört auch und zu allererst das Auskunftsverweigerungsrecht.