Fünftelregelung als Steuervorteil nutzen
Für außerordentliche Einkünfte wie Abfindungen und Jubiläumszuwendungen gilt die Fünftelregelung - damit kannst Du Steuern sparen!
Es gibt viele Gründe für eine Kündigung – gerade in Krisenzeiten. Vielleicht hast Du als Entschädigung eine Abfindung erhalten? Oder aber es gibt vielmehr Anlass zur Freude, weil Du schon lange im Betrieb bist und eine Jubiläumszuwendung erhalten hast? In beiden Fällen fragst Du Dich sicher, wie sich das steuerlich auswirkt. Wir erklären Dir alles, was Du über die Fünftelregelung bei außerordentlichen Einkünften wissen musst!
Was sind außerordentliche Einkünfte?
Außerordentliche Einkünfte gehören zu den Einkunftsarten, die der Einkommensteuer unterliegen (§ 2 Abs. 1 EStG). Meist werden diese Einmalzahlungen über mehrere Jahre erwirtschaftet und in einer Summe ausgezahlt. Zu ihnen zählen laut § 34 Abs. 2 EStG:
- Veräußerungsgewinne (bei Veräußerung des Betriebs oder Teilbetriebs)
- Entschädigungen als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit (z.B. eine Abfindung bei einer betriebsbedingten Kündigung)
- Nutzungsvergütungen und Entschädigungen (einschließlich Zinsen) für die Inanspruchnahme von Grundstücken durch die öffentliche Hand, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als 3 Jahren nachgezahlt werden
- Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten (z.B. anlässlich Deines Dienstjubiläums)
In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf den Fall, der am häufigsten vorkommt: Entlassungsentschädigungen bei Kündigungen (Punkt 2). Aber keine Sorge: Die Anwendung und Berechnung der Fünftelregelung und ihre Voraussetzungen gelten für alle genannten Einkünfte gleichermaßen.
Einzige Ausnahme: Veräußerungsgewinne (Punkt 1) können auf Antrag auch mit einem ermäßigten Steuersatz von 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes besteuert werden. Die Ermäßigung darf nur von Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden, die mindestens 55 Jahre alt sind oder dauerhaft berufsunfähig. Diese besondere Ermäßigung kann nur einmal im Leben gewährt werden.
Berechnung der ermäßigten Lohnsteuer nach der Fünftelregelung
Es gab sie mal: Steuerfreibeträge für Abfindungen. Die Freibeträge wurden über die Jahre immer strenger reglementiert und schließlich ganz abgeschafft. Seit 2006 sind Entlassungsentschädigungen nicht mehr steuerfrei. Sie gelten als steuerpflichtiger Arbeitslohn und müssen voll versteuert werden. Allerdings musst Du für Abfindungen keine Beiträge zur Sozialversicherung zahlen. Ausnahme: Bei freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung fallen auf Teile der Abfindung Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge an.
Hohe Einmalzahlungen erhöhen natürlich Dein zu versteuerndes Einkommen – die Bemessungsgrundlage für Deinen Steuersatz. Mit diesen Einkünften rutschst Du schnell in die Stufe des nächsthöheren Steuersatzes. Damit steigt auch Deine Steuerlast. Besonders bei hohen Abfindungen ist dieser Effekt der Steuerprogression enorm. Deshalb regelt § 34 Abs. 1 EStG die tarifermäßigte Besteuerung von außerordentlichen Einkünften durch die sogenannte Fünftelregelung. Bei der Berechnung der Steuer geht man so vor:
- Zunächst wird die Lohnsteuer für Dein zu versteuerndes Einkommen ohne die Einmalzahlung ermittelt.
- Anschließend wird ein Fünftel der Sonderzahlung zu Deinem Jahreseinkommen hinzugerechnet und die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet.
- Die Differenz der beiden Summen wird mit 5 multipliziert – das Ergebnis ist die Steuer, die Du auf Deine Abfindung zahlst.
Beispielrechnung: Herr Müller ist ledig und kinderlos. Nach 15 Jahren als angestellter Koch wird er 2020 wegen Restaurantschließung betriebsbedingt gekündigt. Er erhält eine Abfindung in Höhe von 20.000 Euro.
Nach Abzug von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen bleibt Herrn Müller ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 30.000 Euro. Darauf entfällt eine Einkommensteuer von 5.187 Euro. Auf sein Einkommen mit einem Fünftel der Abfindung (30.000 Euro + 4.000 Euro = 34.000 Euro) entfällt eine Steuer von 6.442 Euro. Die Differenz der Lohnsteuer mit und ohne ein Fünftel der Abfindung beträgt 1.225 Euro. Mit 5 multipliziert ergibt sich eine Steuer von 6.275 Euro, die Herr Müller auf seine gesamte Abfindung zahlt. Zusammen mit der Einkommensteuer für sein reguläres Jahresgehalt ergibt sich eine Steuerbelastung von 11.462 Euro.
Ohne Fünftelregelung würde er auf sein gesamtes Einkommen von 50.000 Euro eine Lohnsteuer von 12.141 Euro zahlen. Sein steuerlicher Vorteil beträgt also 679 Euro.
Bei niedrigem „normalen“ Einkommen und hohem Unterschied zwischen Einkommen und Abfindung ist die Steuerersparnis durch die Fünftelregelung am größten.
Je höher Dein zu versteuerndes Jahreseinkommen ist, desto weniger kannst Du von der Regelung profitieren. Wenn Dein Einkommen ohnehin dem Spitzensteuersatz von 42 % unterliegt, macht sie steuerlich sogar gar keinen Unterschied mehr.
Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftelregelung
Damit die Fünftelregelung angewendet werden kann, müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Zusammenballung von Einkünften
Nach einem Urteil des BFH von 1997 können außerordentliche Einkünfte nur dann ermäßigt besteuert werden, wenn sie zu einer Zusammenballung von Einkünften im betreffenden Steuerjahr führen. Dazu werden „Ist-Größe“ (Deine gesamten Jahreseinkünfte einschließlich Abfindung und weiterer Einkünfte, die Du nach der Kündigung erzielst) und „Soll-Größe“ (Dein Jahreseinkommen, das Du ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses erzielt hättest) miteinander verglichen. Für diesen Vergleich kannst Du Deine Einkünfte aus dem Vorjahr zugrunde legen. Wenn die „Ist-Größe“ höher ist als die „Soll-Größe“, handelt es sich um eine Zusammenballung von Einkünften und die Fünftelregelung kann angewendet werden.
Zu den weiteren Einkünften, die Du nach der Kündigung erzielst (Ist-Größe), können auch Arbeitslosengeld gehören oder Einnahmen aus Alters- und Betriebsrenten oder aus einem neuen Job. Wichtig ist nicht die Art der Einkünfte, sondern ihre Höhe und somit progressionssteigernde Wirkung.
2. Auszahlung innerhalb eines Veranlagungszeitraums
2015 hat der BFH erneut bestätigt, dass außerordentliche Einkünfte innerhalb eines Steuerjahres ausgezahlt werden müssen, damit Du den steuerlichen Vorteil der Fünftelregelung in Anspruch nehmen kannst. Grundsätzlich verhindert die Auszahlung von Teilbeträgen in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen die ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG.
Es gibt allerdings eine Bagatellgrenze von 10 %. Sie steht zwar nicht im Gesetzestext, wurde aber 2015 in einem BHF-Urteil und anschließend 2016 in einem BMF -Schreiben festgehalten: Wenn bis zu 10 % der Hauptleistung im nächsten Jahr ausgezahlt werden, gilt das als geringfügig und ist somit unschädlich.
Ausnahme: Es gibt Fälle, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aus Gründen der sozialen Fürsorge im Anschluss an die eigentliche Entschädigung Zusatzleistungen in späteren Zeiträumen gewährt. Wenn diese Zahlungen weniger als 50 % der Hauptleistung ausmachen, darf die Hauptleistung ermäßigt versteuert werden. Diese Zusatzleistungen können z.B. Zuschüsse zum Arbeitslosengeld oder zur Verwendung für die Altersvorsorge sein.
Die Fünftelregelung muss nicht beantragt werden!
Du musst die Anwendung der Fünftelregelung nicht beantragen. Diese Einkünfte unterliegen nämlich der „Günstigerprüfung“, das bedeutet: Dein Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, die Fünftelregelung anzuwenden, wenn sie zu einer günstigeren Besteuerung für Dich führt.
Falls er nicht feststellen kann, ob und dass es sich bei Dir um eine Zusammenballung von Einkünften handelt (weil er z.B. von Deinen Einkünften aus einem neuen Job noch nichts weiß), muss er den normalen Lohnsteuerabzug für „sonstige Bezüge“ vornehmen. Du kannst die ermäßigte Besteuerung dann im Rahmen Deiner Steuererklärung geltend machen - das Finanzamt führt nämlich ebenfalls eine Günstigerprüfung durch.
Wichtig: Eine Versteuerung nach der Fünftelregelung verpflichtet Dich, im Folgejahr eine Steuererklärung abzugeben (->Pflichtveranlagung)!
Fünftelregelung in der Steuererklärung
Hat Dein Arbeitgeber Deine Vergütung für mehrjährige Tätigkeit im Betrieb oder Deine Entschädigung ermäßigt besteuert, trägt er sie in Deiner Lohnsteuerbescheinigung in Zeile 10 ein („Ermäßigt besteuerter Arbeitslohn für mehrere Kalenderjahre und ermäßigt besteuerte Entschädigungen“). Hat er die Versteuerung der Zahlung als sonstigen Bezug (also nicht ermäßigt) vorgenommen, trägt er das in Zeile 19 ein und rechnet die Summe zu Deinem Brutto-Arbeitslohn in Zeile 3 hinzu.
In Deiner Steuererklärung trägst Du die ermäßigt besteuerten Zahlungen in Zeile 17 der Anlage N ein. Falls Dein Arbeitgeber die Einkünfte nicht mit der Fünftelregelung versteuert hat, trägst Du sie in Zeile 18 ein.
Bei wundertax musst Du Dich aber gar nicht um das Formular oder die Zeilen kümmern, sondern kannst die Werte einfach im Rahmen des Steuerinterviews eingeben.
Das Finanzamt prüft dann automatisch anhand Deiner Steuererklärung und Lohnsteuerunterlagen, ob die Versteuerung mit der Fünftel-Regelung für Dich günstiger wäre.
Deshalb lohnt sich eine Steuererklärung in jedem Fall!
Steuerermäßigung auch bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsvertrages
Der Begriff „Entschädigung für entgehende Einnahmen“ im Sinne von § 24 Nr. 1 a) EStG setzt für die ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG voraus, dass der Steuerpflichtige das schadenstiftende Ereignis (Auflösung des Arbeitsvertrags) nicht aus eigenem Antrieb herbeiführt, oder, wenn er seine Zustimmung zum Auflösungsvertrag gibt, dabei unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck steht.
Im Falle eines Verwaltungsangestellten verweigerte das Finanzamt die ermäßigte Besteuerung dessen Entschädigung, weil es bezweifelte, dass der Verwaltungsangestellte unter Druck gestanden habe – er habe ja in den Auflösungsvertrag eingewilligt. Es bezweifelte auch die Zusammenballung von Einkünften im betreffenden Steuerjahr, weil es die Rentenbezüge, die der Angestellte im Anschluss an das Dienstverhältnis bezog, nicht in die „Ist-Größe“ mit einbezog.
Der Verwaltungsangestellte klagte dagegen - erfolgreich. Sowohl das FG Münster als auch der BFH (Urteil vom 13.03.2018, IX R 16/17) sahen eine Zusammenballung von Einkünften im Veranlagungszeitraum, da weitere Einkünfte wie Rentenbezüge in die Rechnung mit einbezogen werden müssen. Zur Frage nach Druck oder Zwang, unter dem der Arbeitnehmer stand, hieß es: Im Zuge der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer sie nicht allein aus eigenem Antrieb herbeigeführt hat, denn sonst bestünde für den Arbeitgeber ja kein Grund, eine Abfindung zu zahlen. Der Arbeitgeber macht dadurch deutlich, dass er an der Auflösung des Arbeitsvertrages erheblich interessiert ist. Deshalb bedarf es keiner weiteren Feststellung mehr, ob der Arbeitnehmer unter Druck steht, dem Auflösungsvertrag zuzustimmen.
Tipp: Es kann sich also lohnen, Einspruch gegen Deinen Steuerbescheid einzulegen, wenn das Finanzamt Deine Sonderzahlung nicht nach der Fünftelregelung besteuert!
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