Stundung, Zuschlag und Co. - Das Finanzamt entscheidet nach Ermessen
Wenn das Gesetz vage formuliert, gibt es einen Ermessensspielraum.
So ziemlich alles ist in Deutschland klar geregelt. Es gibt für alles Vorschriften, Richtlinien und Gesetze, die in dicken Büchern in den Regalen sämtlicher Behörden zu finden sind. In einem eindeutig abgesteckten Rahmen können wir uns frei entfalten und unseren Alltag so gestalten, wie wir es für richtig halten.
Aber natürlich kennt die Judikative nicht jede Ausnahmesituation, die das Leben so für uns bereithält. Folglich gibt es für bestimmte Fälle auch keine festgeschriebenen Gesetze, die für jeden zutreffend sind. Gibt es Unklarheiten, entscheiden nicht selten Gerichte über einen Sachverhalt.
Doch nicht immer muss sofort ein Gericht entscheiden. Sämtliche Behörden verfügen über einen gewissen Ermessensspielraum. Wie der Begriff schon vermuten lässt, können zum Beispiel Finanzämter selbst entscheiden, wie ein Sachverhalt zum Abschluss gebracht wird. Was das genau bedeutet, ist Thema dieses Beitrags.
Definition Ermessen
Der Begriff Ermessen spielt vor allem in der Rechtswissenschaft eine bedeutende Rolle. Demnach haben Mitarbeiter einer Behörde bestimmte Freiheiten, Rechtsprechung bei einer Entscheidung anzuwenden. Eine gebundene Entscheidung muss also nicht getroffen werden, da diese nicht eindeutig festgeschrieben ist. In der Regel können Entscheidungsträger in diesem Zusammenhang aus mehreren Möglichkeiten wählen.
Besonders wichtig ist das Ermessen, wenn es um Verwaltungsangelegenheiten oder steuerrechtliche Fragen geht. Insbesondere Finanzbehörden verfügen bei ihren Entscheidungen oft über einen Ermessensspielraum.
Ermessensspielräume im Steuerrecht
In der Abgabenordnung ist die Zulässigkeit von steuerlichem Ermessen festgeschrieben. Im deutschen Steuerrecht werden Ermessensvorschriften oft angewandt. Besonders häufig gibt es Ermessensspielräume, wenn es um Steuerbescheide, Haftungsbescheide oder Richterliche Ermessen geht.
Liegt für die Finanzbehörden ein Ermessensspielraum vor, wird die zutreffende Rechtsfolge durch die Verwaltung und nicht durch ein entsprechendes Gesetz geregelt. So haben Finanzbeamte beispielsweise die Möglichkeit, eine zu entrichtende Steuer zu stunden oder einen Verspätungszuschlag festzusetzen.
Auswahlermessen und Entschließungsermessen
Generell lassen sich zwei Arten des Ermessens unterschieden. So gibt es zum einen das Auswahlermessen und zum anderen das Entschließungsermessen.
- Auswahlermessen: bei dieser Variante wählt der Zuständige aus mehreren Möglichkeiten der gesetzlich zugelassenen Rechtsfolgen
- Entschließungsermessen: bei dieser Variante entscheidet der Zuständige, ob Rechtsfolge durchgesetzt wird oder nicht
Um eine Entscheidung fällen zu können, müssen gesetzliche Grenzen befolgt werden. Nicht selten kommt es dabei zu Ermessensfehlern. Grundsätzlich kann gegen eine Ermessensentscheidung Einspruch eingelegt werden.