Ehegattensplitting - Wann lohnt sich die Zusammenveranlagung?
Ehegatten können jedes Jahr neu entscheiden, ob sie sich zusammen oder einzeln veranlagen lassen wollen. Doch wie findet Ihr heraus, welche Veranlagung Euch mehr Steuervorteile bringt? Wir klären auf!
Voraussetzungen für die Wahl der Veranlagungsart
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG können Ehegatten bei ihrer Steuererklärung zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung wählen, wenn sie
- unbeschränkt steuerpflichtig sind und
- nicht dauernd getrennt leben.
Die Voraussetzungen für die Veranlagungswahl müssen für mindestens einen Tag im Jahr erfüllt sein. Selbst, wenn Ihr am 31. Dezember heiratet, könnt Ihr für den gesamten Veranlagungszeitraum (also für das betreffende Steuerjahr) zwischen Zusammenveranlagung und Einzelveranlagung wählen.
Wer ist unbeschränkt steuerpflichtig?
Unbeschränkt steuerpflichtig bist Du, wenn Du Deinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hast (§ 1 EStG). Wer nicht in Deutschland lebt, kann nach § 1 Abs. 3 EStG einen Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland stellen, wenn die Einkünfte zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die ausländischen Einkünfte den Grundfreibetrag nicht überschreiten. Der Grundfreibetrag, also das Einkommen, auf das keine Steuern anfällt, liegt 2023 bei 10.908 Euro (§ 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Was bedeutet “dauerndes Getrenntleben”?
Müsst Ihr die gleiche Meldeadresse haben, um zusammen veranlagt werden zu können? Nein, entschied das Finanzgericht Münster 2017. Wenn Ihr räumlich getrennt lebt und z.B. aus beruflichen Gründen einen doppelten Haushalt führt oder aus gesundheitlichen Gründen nicht zusammenwohnt, weil ein Ehegatte lange im Krankenhaus ist oder im Pflegeheim lebt, bedeutet das nicht, dass Ihr dauernd getrennt lebt. Dauerndes Getrenntleben meint die dauerhafte Auflösung Eurer ehelichen Lebensgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft, also Eure Trennung, die ab dem Folgejahr als dauernd gilt – sofern es keinen Versöhnungsversuch gibt.
Was gilt im Trennungsjahr?
Im Falle einer Trennung ist im Trennungsjahr noch eine Zusammenveranlagung möglich, danach nicht mehr. Ab dem Folgejahr muss die Trennung bzw. das dauernde Getrenntleben dem Finanzamt mitgeteilt werden, um in die Steuerklasse 1 oder 2 (für Alleinerziehende) zu wechseln.
Gleiche Rechte für eingetragene Lebenspartnerschaften
Zwischen 2001 und 2017 konnten gleichgeschlechtliche Paare eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründen; seit 2017 können gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2013 legte der Gesetzgeber im gleichen Jahr fest, dass eingetragene Lebenspartner gegenüber Verheirateten im Steuerrecht gleichgestellt werden. Zunächst war es möglich, eine rückwirkende Zusammenveranlagung in allen noch offenen Fällen zu beantragen – also in allen Fällen, in denen Steuerpflichtige dem Steuerbescheid widersprochen hatten. Im Jahressteuergesetz 2018 reagierte der Gesetzgeber auf ein Urteil des FG Hamburg und legte fest, dass Steuerpflichtige, die ihre eingetragene Partnerschaft bis Ende 2019 in eine Ehe umwandeln, sich rückwirkend bis zur Begründung ihrer eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammen veranlagen lassen können - auch, wenn ihre Steuerbescheide bereits bestandskräftig geworden sind.
Begründung: Die Umwandlung in eine Ehe ist ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (Abgabenordnung). Dafür setzte der Gesetzgeber allerdings eine Frist: Der Antrag auf rückwirkende Zusammenveranlagung muss bis zum 31. Dezember 2020 beim Finanzamt eingegangen sein.
Was bedeutet Zusammenveranlagung?
Zusammenveranlagung bedeutet, dass Ehepartner eine gemeinsame Steuererklärung einreichen. Dafür braucht es - im Gegensatz zur Einzelveranlagung - die Zustimmung beider Ehepartner (§ 26 Abs. 2 Satz 2 EStG). Deshalb müsst Ihr beide Eure gemeinsame Steuererklärung unterschreiben. Für eine gemeinsame Veranlagung kreuzt Ihr einfach das entsprechende Feld auf Seite 1 des Mantelbogens an oder legt einen formlosen Antrag bei. Hinweis: Falls Ihr weder „Einzelveranlagung“ noch „Zusammenveranlagung“ angebt, werdet Ihr vom zuständigen Finanzamt automatisch gemeinsam veranlagt.
Bei einer Zusammenveranlagung werden Ehepartner steuerlich behandelt, als wären sie eine einzelne Person: Sie geben eine gemeinsame Steuererklärung ab und erhalten entsprechend einen gemeinsamen Steuerbescheid. Das bedeutet auch, dass eine mögliche Steuererstattung nur auf ein Konto überwiesen wird. Für die festgesetzte Einkommensteuer und eine mögliche Steuernachzahlung haften beide Ehegatten gemeinsam.
So funktioniert die gemeinsame Steuererklärung
Im ersten Schritt betrachtet das Finanzamt Euch getrennt: Die Einkünfte (Arbeitslohn, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen, etc.) jedes Ehepartners werden zunächst einzeln ermittelt und die jeweiligen Werbungskosten abgezogen. Danach werden Eure Einkünfte addiert.
Nach Abzug eventueller Freibeträge wie dem Altersentlastungsbetrag ergibt sich der Gesamtbetrag Eurer Einkünfte. Anschließend werden Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen abgezogen, unabhängig davon, bei wem sie entstanden sind. Das Ergebnis ist Euer gemeinsam zu versteuerndes Einkommen, für das nun Eure Einkommensteuer berechnet wird. Von der errechneten Steuerschuld werden im letzten Schritt noch Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerkosten direkt abgezogen.
Sobald einer von Euch die Voraussetzungen für Pausch- und Freibeträge erfüllt, werden diese berücksichtigt. Pauschbeträge wie der Sonderausgaben-Pauschbetrag oder der Sparer-Pauschbetrag werden bei Zusammenveranlagung verdoppelt. Beim Sparer-Pauschbetrag werden aus 1.000 Euro pro Person 2.000 Euro für Ehepaare (Stand 2023). Wenn ein Partner den Sparer-Pauschbetrag nicht ganz ausschöpft, kann er beim anderen Ehegatten abgezogen werden.
Was ist das Ehegatten-Splitting?
Wie kommt es nun zu den Steuervorteilen einer Zusammenveranlagung? Hauptsächlich liegt der Vorteil im Ehegattensplitting, also der Art und Weise, wie die Einkommensteuer für Euer zu versteuerndes Einkommen berechnet wird.
Alle Steuerpflichtigen werden nach dem Grundtarif besteuert (§ 32a Abs. 1 EStG). Bei der Zusammenveranlagung spricht man vom sogenannten Splittingtarif. Der Splittingtarif ist jedoch kein eigener Steuertarif, sondern leitet sich aus dem Grundtarif ab. Der Splittingtarif bezieht sich auf das Verfahren zur Ermittlung der Einkommensteuer, nämlich das Splittingverfahren, auch Ehegattensplitting genannt (§ 32a Abs. 5 EStG). Dabei wird das gemeinsam zu versteuernde Einkommen der Ehepartner so geteilt („gesplittet“), als hätten beide Partner jeweils die Hälfte erwirtschaftet. Für diese Hälfte wird die Einkommensteuer ermittelt und dann verdoppelt. Das Ergebnis ist die Steuerschuld des Ehepaares. Hohe Einkünfte eines besserverdienenden Partners werden also auf den weniger verdienenden anderen Partner verlagert und deshalb mit niedrigeren Steuersätzen besteuert, als wenn man sie individuell versteuern würde. Der steuerliche Vorteil ergibt sich also aus der Milderung der Steuerprogression.
Wann lohnt sich das Ehegattensplitting?
Bei deutlichen Gehaltsunterschieden der Ehepartner ist eine Zusammenveranlagung steuerlich meistens vorteilhafter. Je höher die Einkommensunterschiede zwischen den Partnern, desto mehr Steuern sparen sie durch eine gemeinsame Veranlagung. Deutlich wird das besonders bei alleinverdienenden Partnern: Sie können bei Einzelveranlagung nur ihren eigenen Grundfreibetrag geltend machen. Bei Zusammenveranlagung hingegen wird der Grundfreibetrag für Eheleute angesetzt, der doppelt so hoch ist wie der für Ledige (Stand 2023: 21.816 Euro). Verdienen beide Partner gleich viel, gibt es jedoch keinen Vorteil mehr durch das Ehegattensplitting.
Wann lohnt sich die Einzelveranlagung?
Obwohl das Splittingverfahren für Ehegatten meist Steuervorteile bietet, gibt es Konstellationen, in denen eine Einzelveranlagung günstiger ist – z.B. wenn ein Ehepartner eine Abfindung erhält oder Kurzarbeitergeld bezieht. Denn bei Zusammenveranlagung wird auch das Einkommen des Partners in den Progressionsvorbehalt mit einbezogen, unter dem die steuerfreien Lohnersatzleistungen stehen. Das kann zu einem höheren Steuersatz führen.
Mehr dazu erfährst Du im Artikel Einzelveranlagung für Eheleute: Wann lohnt sie sich?
Diese Veranlagungsarten gibt es für Ehepartner
2013 trat das Steuervereinfachungsgesetz 2011 in Bezug auf Ehegatten-Veranlagung in Kraft, das die Möglichkeiten der Veranlagung von Ehegatten reduzierte. Seitdem können Eheleute wählen zwischen:
- Zusammenveranlagung mit Ehegatten-Splitting (§ 26b EStG)
- Einzelveranlagung mit Grundtarif (§ 26a EStG)
Geschiedene und Verwitwete werden wie Ledige einzeln veranlagt. In zwei Ausnahmen können sie dennoch vom Splittingverfahren profitieren:
- Einzelveranlagung mit Sonder-Splitting im Scheidungsjahr nach § 32a Abs. 6 Nr. 2 EStG (auch „Gnaden-Splitting“ genannt): Geschiedene haben Anspruch auf die Anwendung des Splittingverfahrens für das Scheidungsjahr, wenn ihr Ex-Partner im gleichen Jahr wieder heiratet und sowohl für die geschiedene als auch für die Ehe mit dem neuen Lebenspartner die Voraussetzungen zur Ehegattenveranlagung vorliegen.
- Einzelveranlagung mit Verwitweten-Splitting (§ 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 EStG): Auch im Jahr, das auf das Todesjahr des Ehegatten folgt, kann das Splittingverfahren auf das Einkommen des noch lebenden Ehegatten angewendet werden.
Durch das Steuervereinfachungsgesetz sind unter anderem die „besondere Veranlagung“ im Jahr der Eheschließung weggefallen und die sogenannte „getrennte Veranlagung“. Bei der besonderen Veranlagung hatten frisch Verheiratete die Möglichkeit, im ersten Ehejahr wie Ledige veranlagt zu werden – so, als hätten sie nicht geheiratet. Mit der neuen Einzelveranlagung von Ehegatten wurde diese Veranlagungsform überflüssig und deshalb abgeschafft.
Die „Einzelveranlagung von Ehegatten“ ersetzt seit dem Veranlagungszeitraum 2013 die „getrennte Veranlagung“. Diese Begriffe werden oft synonym verwendet, obwohl es steuerrechtlich Unterschiede gibt. Denn bei der früheren getrennten Veranlagung konnten Ehepartner ihre Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und haushaltsnahe Aufwendungen so untereinander aufteilen, wie es für sie steuerlich am günstigsten war. Das ist bei der Einzelveranlagung nicht mehr möglich: Jeder Ehepartner kann nur die Aufwendungen steuerlich absetzen, die er auch selbst getragen hat.
Steuer-Tipp: Ehegatten, die sich einzeln veranlagen lassen, können jedoch auf Antrag die hälftige Aufteilung dieser abziehbaren Aufwendungen vornehmen lassen.
Änderung der gewählten Veranlagungsart
Jedes Jahr könnt Ihr Euch neu entscheiden, ob Ihr einzeln oder gemeinsam veranlagt werden wollt. Eure Entscheidung gilt immer nur für das betreffende Steuerjahr und ist mit Abgabe der Steuererklärung grundsätzlich bindend.
Wenn Ihr Eure Einkommensteuererklärung bereits abgegeben habt und Eure getroffene Wahl zur Veranlagung doch noch ändern wollt, ist das so lange möglich, bis Ihr einen bestandskräftigen Steuerbescheid erhalten habt. Der Bescheid wird üblicherweise einen Monat nach dessen Erhalt bestandskräftig, wenn Ihr in dieser Zeit keinen Einspruch eingelegt habt.
Wenn der Steuerbescheid bereits bestandskräftig ist, habt ihr trotzdem noch die Chance, Eure Veranlagungsart zu ändern. Dafür müsst Ihr allerdings strenge Voraussetzungen erfüllen:
- Ein Steuerbescheid, der einen von Euch oder Euch beide betrifft, wird aufgehoben, geändert oder berichtigt.
- Ihr teilt dem Finanzamt vor Eintritt der Bestandskraft dieses Änderungs- oder Berichtigungsbescheids mit, dass Ihr eine andere Veranlagungsart wählt.
- Eure gemeinsame Einkommensteuer muss durch eine andere Veranlagungsart tatsächlich niedriger ausfallen.
Besser ist es, im Voraus durchzurechnen, ob sich für Euch eine Einzel- oder eine Zusammenveranlagung lohnt. Mit wundertax geht das ganz einfach!