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Steuerentlastungen 2022: Was steckt im Entlastungsgesetz?

Aufgrund von steigenden Energiepreisen und anhaltender Inflation hat die Bundesregierung milliardenschwere Maßnahmen beschlossen, um Bürger*innen finanziell zu entlasten. Hier erfährst Du alles über die Steuerentlastungen 2022: Welche Gesetze wurden beschlossen? Wann treten sie in Kraft? Wer profitiert? Alles über Energiepreispauschale und Co. auf einen Blick!

Bundesrat stimmt Steuerentlastungsgesetz 2022 zu

Corona-Pandemie, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, verzögerte Lieferketten, steigende Energiepreise, hohe Inflation: Die Folgen dieser Ereignisse machen sich auch im Portemonnaie deutlich bemerkbar. Seit Freitag, den 20. Mai ist es nun amtlich: Auch der Bundesrat gibt grünes Licht für umfassende Steuerentlastungen durch die Bundesregierung. Sie hat zwei Entlastungspakete zur steuerlichen Entlastung der Bürger*innen geschnürt. Bestätigt wurden jetzt unter anderem

  • der Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 2022
  • das Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz
  • das Energiesteuersenkungsgesetz

Erstes Entlastungspaket

Ein erstes Entlastungspaket der Bundesregierung wurde angesichts von steigenden Energiekosten bereits im Frühjahr 2022 beschlossen. Es enthält den Heizkostenzuschuss und den Wegfall der EEG-Umlage. Ergänzt wurde es jetzt um einen höheren Grundfreibetrag, eine Anhebung der Werbungskostenpauschale und eine höhere Entfernungspauschale.

Heizkostenzuschuss

Wer im Zeitraum Oktober 2021 bis März 2022 in mindestens einem Monat Wohngeld bezieht, erhält einen einmaligen Heizkostenzuschuss. Gleiches gilt für Studierende und Azubis, die in diesem Zeitraum BAföG, Ausbildungsgeld, Ausbildungsbeihilfe oder Unterhaltszuschuss für Aufstiegsgeförderte beziehen und nicht mehr zu Hause wohnen. Wohngeldempfänger erhalten 270 Euro (350 Euro bei 2 wohngeldberechtigten Personen im Haushalt, 70 Euro für jede weitere Person), Studierende und Azubis bekommen einheitlich 230 Euro. Die Auszahlung soll je nach Bundesland zwischen Juni und Oktober 2022 erfolgen.

EEG-Umlage

Für alle Stromkunden entfällt ab dem 1. Juli 2022 die EEG-Umlage - ein halbes Jahr früher als geplant. Das bedeutet eine Ersparnis von 3,72 Cent pro Kilowattstunde. Stromanbieter sind verpflichtet, die Ersparnis an die Verbraucher weiterzugeben. Tipp: Teile Deinem Anbieter Deinen Zählerstand vom Stichtag mit!

Höherer Arbeitnehmer-Pauschbetrag

Rückwirkend zum 1. Januar 2022 steigt die Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer*innen um 200 Euro auf 1.200 Euro im Jahr. Bis einschließlich 2021 betrug die Pauschale 1.000 Euro pro Jahr. Sie wird bei Deiner Steuererklärung automatisch von den Einkünften abgezogen und mindert das zu versteuernde Einkommen.

Anhebung des Grundfreibetrags

Der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer steigt ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 2022 von derzeit 9.984 Euro um 363 Euro auf 10.347 Euro. Vom höheren Grundfreibetrag profitierst Du, weil Du nur das, was Du darüber hinaus verdienst, versteuern musst.

Grundfreibetrag auf einem Zettel mit Münzen

Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler

Die Pendlerpauschale wird rückwirkend zum 1. Januar 2022 erhöht: Ab dem 21. Kilometer einfacher Wegstrecke kannst Du 38 Cent pro Kilometer geltend machen. Seit dem 1. Januar 2021 waren ab dem 21. Kilometer 35 Cent pro Kilometer steuerlich absetzbar. Die Erhöhung auf 38 Cent war ursprünglich für 2024 vorgesehen und wurde nun um zwei Jahre vorgezogen. Entsprechend erhöht sich auch die Mobilitätsprämie. Für die ersten 20 Kilometer der Wegstrecke gilt nach wie vor eine Entfernungspauschale von 30 Cent pro Kilometer. Hinweis: Die Erhöhung gilt auch für Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung.

Was bedeutet das für mein Gehalt?

Der Grundfreibetrag ist in den Steuerklassen 1 bis 4 eingearbeitet; die Werbungskostenpauschale in den Steuerklassen 1 bis 5. Die Erhöhung dieser Beträge wirkt sich in diesen Steuerklassen direkt auf die Höhe Deiner monatlichen Lohnsteuer und ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer aus. Dabei ist die relative Entlastung für die Bezieher niedriger Einkommen höher als für Personen mit höherem Einkommen.

Die Anhebung wird sich auf Deiner Gehaltsabrechnung bemerkbar machen, auch rückwirkend ab Januar: Arbeitgeber müssen auch den bisherigen Lohnsteuerabzug in 2022 korrigieren, wenn es ihnen wirtschaftlich zuzumuten ist - was die Regel ist. Die Finanzverwaltung hat bereits neue Programmabläufe für die Lohnsteuerberechnung bekannt gemacht, die ab dem 1. Juni 2022 angewendet werden. Wenn Du den Arbeitgeber bereits gewechselt hast, holst Du Dir die Steuerentlastung mit Abgabe der Steuererklärung.

Was bedeutet das für Freibeträge bei der Lohnsteuer?

Wegen der höheren Entfernungspauschale kannst Du ab Juni 2022 Deine Lohnsteuerermäßigung für Werbungskosten anpassen lassen. Weil aber gleichzeitig die Werbungskostenpauschale um 200 Euro erhöht wurde, musst Du über 200 Euro mehr Entfernungspauschale geltend machen können.

Wenn Du keine Anpassung Deines Freibetrags beantragst, kannst Du Dir die höhere Entfernungspauschale im Rahmen der Steuererklärung für 2022 zurückholen.

Was bedeutet das für Steuerklasse 4 mit Faktor?

Wenn Dein Faktor bereits vor dem Beschluss gebildet wurde, ändert sich für Dich nichts. Er bleibt gültig, längstens bis Ende 2023. Spätestens dann muss der Faktor neu beantragt und berechnet werden, weil er nur zwei Jahre gültig ist. Die steuerlichen Vorteile der Steuerentlastungen holst Du Dir dann mit der Steuererklärung zurück. Die musst Du bei Steuerklasse 4 mit Faktor verpflichtend abgeben.

Zweites Entlastungspaket

Mit dem zweiten Entlastungspaket der Bundesregierung kommen:

  • die Energiepreispauschale
  • ein neuer Kinderbonus
  • eine Steuersenkung für Kraftstoffe
  • vergünstigte ÖPNV-Monatstickets
  • eine Einmalzahlung für Empfänger von Transferleistungen und ALG 1
  • ein Sofortzuschlag für Kinder

Energiepreispauschale

Alle Berufstätigen bekommen eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro. Selbstständige erhalten sie über eine Senkung der Einkommensteuer-Vorauszahlung. Angestellten - auch Minijobbern und kurzfristig Beschäftigten - wird sie zusätzlich zum Lohn vom Arbeitgeber ausgezahlt. Voraussetzung: Das Dienstverhältnis besteht am 1. September 2022.

Der Zuschuss muss allerdings versteuert werden. Er gilt pro Person, nicht pro Arbeitsverhältnis: Wer einen Zweitjob mit Steuerklasse 6 ausübt, erhält die Energiepreispauschale in seinem ersten Arbeitsverhältnis. Sie soll im September 2022 ausgezahlt werden. Studierende und Rentner wurden bei der Energiepreispauschale leider nicht berücksichtigt. Zurzeit kursiert der Tipp, sich die Pauschale dennoch durch einen einzigen Arbeitstag im Jahr zu sichern, z.B. durch bezahltes Enkel-Sitten. Allerdings könnte das Finanzamt dies nicht als Beschäftigungsverhältnis anerkennen. Sicherer ist es, einen Minijob über 2 oder 3 Monate auszuüben.

Kinderbonus

Schon 2020 erhielten alle kindergeldberechtigten Eltern einen Kinderbonus von 300 Euro pro Kind; 2021 waren es 150 Euro. Für 2022 ist nun ein erneuter Kinderbonus von diesmal 100 Euro vorgesehen. Der Kinderbonus muss nicht beantragt werden. Die Familienkasse zahlt ihn ab Juli 2022 zusammen mit dem Kindergeld aus.

Steuersenkung für Kraftstoffe

Durch die Senkung der Energiesteuer auf das europäische Mindestmaß im Juni, Juli und August 2022 sollte der Benzinpreis um knapp 30 Cent/Liter und der Dieselpreis um knapp 14 Cent/Liter sinken. Leider wissen wir mittlerweile, dass diese Steuersenkung nicht in vollem Umfang bei den Verbrauchern ankommt.

9-Euro-Ticket

Unter dem Stichwort “9 für 90“ zahlst Du von Juni 2022 bis August 2022 für den ÖPNV nur 9 Euro pro Monat. Das Monatsticket gilt bundesweit in allen Bussen und Bahnen des Nah- und Regionalverkehrs. Abonnenten erhalten - je nach Verkehrsunternehmen - die Differenz direkt durch Absenkung des Monatsbeitrags oder durch Gutschrift, Erstattung oder Verlängerung der Geltungszeit.

Einmalzahlung bei Sozialleistungen und ALG 1

Wegen der steigenden Lebenshaltungskosten wird die bereits beschlossene Einmalzahlung von 100 Euro für erwachsene Bezieher von Transferleistungen auf insgesamt 200 Euro erhöht. Wer im Juli 2022 Anspruch hat auf Leistungen nach

  • SGB II (Arbeitslosengeld 2 oder Sozialgeld)
  • SGB XII (Sozialhilfe)
  • dem Asylbewerberleistungsgesetz oder auf
  • ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz

bekommt im selben Monat einen Zuschuss von 200 Euro. Einen Antrag musst Du nicht stellen.

Empfänger von ALG 1 bekommen einen einmaligen Zuschuss von 100 Euro. Berechtigt ist, wer im Juli 2022 mindestens einen Tag Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Wer in diesem Zeitraum gleichzeitig leistungsberechtigt nach dem SGB II ist (also “aufstockt”), erhält stattdessen die Einmalzahlung von 200 Euro. Die Auszahlung erfolgt voraussichtlich im August 2022, ein Antrag muss nicht gestellt werden.

Sofortzuschlag für Kinder

Bis zur Einführung der Kindergrundsicherung wird es wohl noch etwas dauern. Als Übergangslösung bekommen von Armut betroffene Kinder und Jugendliche bis 25 ab Juli 2022 einen Sofortzuschlag von 20 Euro im Monat. Voraussetzung: Sie müssen bei den Eltern oder einem Elternteil leben und leistungsberechtigt nach

  • dem Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuch oder
  • dem Asylbewerberleistungsgesetz sein oder
  • ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz erhalten.

Den Sofortzuschlag bekommen auch Familien mit Kinderzuschlag. Damit steigt der Höchstbetrag im Kinderzuschlag auf bis zu 229 Euro im Monat.

4. Corona-Steuerhilfegesetz & weitere Steueränderungen 2022

Bundestag und Bundesrat haben im Juni 2022 das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz beschlossen:

  • Die Steuerfreiheit für Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld wird bis Ende Juni 2022 verlängert.
  • Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter ist auch für Investitionen in 2022 möglich.
  • Arbeitgeber können ihren Beschäftigten im Kranken- und Pflegebereich einen steuerfreien Pflegebonus von bis zu 4.500 Euro zahlen.
  • Die Home-Office-Pauschale gilt bis Ende 2022.
  • Die Abgabefrist für die Steuererklärung 2021 wird um 3 Monate verlängert. Neues Fristende ist der 31. Oktober 2022 bzw. der darauffolgende Werktag.

Hier findest Du einen Überblick über das Corona-Steuerhilfegesetz und die Steueränderungen 2022, die bereits zum Jahreswechsel beschlossen wurden.