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Warum nicht jeder von einer Steuererstattung profitieren kann

Es gibt zahlreiche Gründe, die dagegen sprechen.

Eine Möglichkeit, die Haushaltskasse etwas aufzubessern, ist, die Steuererklärung einzureichen. Steuerzahler erhalten in Deutschland nämlich durchschnittlich 1.007 Euro vom Finanzamt zurück. Warum also auf die Abgabe der Einkommensteuererklärung verzichten, es ist ja schließlich Steuergeld, das wir bereits ausgegeben haben.

Bei den 1.007 Euro handelt es sich jedoch nur um einen Durchschnittswert. Das bedeutet, dass viele mehr, aber auch viele weniger vom Fiskus zurückbekommen. Dafür gibt es zahlreiche Gründe. Eine allgemeine Aussage gibt es leider nicht, da jeder Fall individuell betrachtet werden muss.

Grund 1: Arbeitnehmerpauschbetrag

Wer seine Steuererklärung abgibt, profitiert automatisch vom sogenannten Arbeitnehmerpauschbetrag. Dabei werden von den gesamten Einkünften, die der Steuerzahler hat, pauschal 1.000 Euro abgezogen. Das hat zur Folge, dass die generelle Steuerlast gemindert wird. Seit 2011 gibt es den Arbeitnehmer-Pauschbetrag, der auch als Werbungskostenpauschale bezeichnet wird.

Erst dann, wenn man innerhalb eines Kalenderjahres höhere Ausgaben als 1.000 Euro hatte, winkt auch eine Steuererstattung. Für diejenigen also, die keine Ausgaben hatten, lohnt sich die Abgabe der Steuererklärung meistens nicht. Nicht selten wird der Pauschbetrag aber allein schon durch die Arbeitswegkosten überschritten, weswegen eine Steuererstattung möglich sein kann.

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Grund 2: Keine Ausgaben während des Steuerjahres

Eine Steuererklärung wird vor allem deswegen abgegeben, weil der Steuerzahler Geld zurückerstattet bekommen haben möchte. Wer beispielsweise eine doppelte Haushaltsführung oder hohe Krankheitskosten hatte, kann sehr wahrscheinlich mit einer Rückerstattung rechnen. Auch Pendler können ihren Kosten ansetzen genau wie Angestellte, die berufsbedingt umgezogen sind. Es gibt etliche Ursachen, die für eine Steuerrückerstattung sprechen. Sind keine Kosten während eines Steuerjahres angefallen, kann man natürlich auch nicht von einer Steuererstattung profitieren.

Übrigens: Kosten, die man während eines Kalenderjahres hatte, werden nicht zu 100 Prozent ersetzt. Beispiel: Wer einen Laptop für 1.000 Euro kauft, erhält nicht 1.000 Euro vom Fiskus zurück.

Grund 3: Monatlicher Steuerabzug über Gehaltsabrechnung

Wer zudem ganz gewöhnlich tagein und tagaus zur Arbeit gegangen ist und die Ausgaben für den Arbeitsweg (z.B. Ticket für den öffentlichen Nahverkehr) nicht über 1.000 lagen, kann vermutlich ebenfalls keine Steuerrückerstattung erwarten. Davon ist vor allem dann auszugehen, wenn Steuern bereits über die monatliche Lohnabrechnung entrichtet wurden, wie es in den meisten Fällen üblich ist.

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Grund 4: Wie setzt sich der Betrag der durchschnittlichen Steuererstattung von 1.007 Euro zusammen?

2014 gab es in Deutschland ca. 24 Millionen unbeschränkt Steuerpflichtige, die ihr Einkommen ausschließlich aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt haben. Davon gaben etwa 13 Millionen Menschen eine Steuererklärung ab. Von diesen 13 Millionen erhielten ca. 11,6 Millionen Steuerzahler eine Rückerstattung. Das waren durchschnittlich 1.007 Euro pro Person.

Bei knapp 60 Prozent davon lagen die Erstattungsbeträge zwischen 100 Euro und 1.000 Euro. Bei etwa 10 Prozent betrug der Erstattungsbetrag weniger als 100 Euro. Nur 1 Prozent erhielt mehr als 5.000 Euro. So bleiben ungefähr 1,5 Millionen Menschen übrig, die sogar eine Nachzahlung leisten mussten. Der durchschnittliche Betrag lag für die Betroffenen bei 1.020 Euro.

Es ist also nicht davon auszugehen, dass jeder ein Anrecht auf die 974 Euro als Rückerstattung hat. Dabei handelt es sich ausschließlich um einen Richtwert.

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Grund 5: Kosten für Versicherungen haben oft keine Auswirkungen auf Rückerstattungsbetrag

Sozialversicherungsbeiträge können generell von der Steuer abgesetzt werden. Zudem können auch Beiträge für private Riester- oder Rürup-Versicherungen steuerlich geltend gemacht werden. Beiträge für die Krankenkasse werden von den Finanzämtern komplett anerkannt.

Der Haken an der Sache ist, dass es einen Höchstbetrag gibt, bis zu dem die Beiträge berücksichtigt werden. Dieser liegt derzeit bei 1.900 Euro für Angestellte. Selbstständige können 2.800 Euro geltend machen. In der Regel wird der Höchstbetrag allein schon durch die Krankenkassenbeiträge relativ schnell erreicht, weswegen Ausgaben für zusätzliche Versicherungen meistens nicht mehr anerkannt werden. So haben folglich die Kosten für beispielsweise Risikolebensversicherungen, Unfallversicherungen, Zahnzusatzversicherungen oder Haftpflichtversicherungen keine Auswirkungen mehr auf eine mögliche Steuererstattung.

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Grund 6: Unterschiedliche Arbeitsmodelle - Von Vollzeit in Teilzeit und zurück

Die Höhe der monatlich zu entrichtenden Steuern orientiert sich in erster Linie an:

  • Einkommen
  • Familienstatus
  • Kinderanzahl
  • Art der Beschäftigung

Verändert sich einer dieser Parameter, verändert sich nicht selten auch der Einkommensteuertarif. Das bedeutet, dass die Steuerlast steigen, aber auch geringer ausfallen kann. Wird nach Ablauf eines Kalenderjahres nun die Steuererklärung abgegeben, werden die Gesamteinkünfte betrachtet, woraus sich ein bestimmter Steuersatz ergibt, der für das gesamte abgelaufene Steuerjahr fällig wird. Hat jemand zum Beispiel Mitte des Jahres eine Gehaltserhöhung bekommen, ändert sich dementsprechend auch die Steuerlast. In Anbetracht der Gesamteinkünfte kann die Steuerlast somit höher ausfallen, als die bereits gezahlten Steuern. Das Ergebnis ist, dass die Höhe der Rückerstattung geringer ausfällt oder gar eine Nachzahlung fällig wird.

Im Allgemeinen kann festgehalten werden: Ändert sich der Lebensumstand, kann das Einfluss auf die Steuererstattung haben, da sich die Steuerlast im Laufe eines Kalenderjahres geändert hat.

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Grund 7: Progressionsvorbehalt

Die meisten staatlichen Sozialleistungen sind steuerfrei. Das hört sich zunächst einmal sehr gut an, allerdings erhöht sich während der Zeit der Inanspruchnahme durch den sogenannten Progressionsvorbehalt auch die Steuerlast (z.B. für Empfänger von Arbeitslosengeld I oder II).

Progressionsvorbehalt bedeutet, dass Einnahmen wie Arbeitslosen- oder Elterngeld zur Ermittlung des Steuersatzes herangezogen werden, ohne selbst versteuert zu werden. Ein Progressionsvorbehalt führt unter Umständen dazu, dass Steuern nachgezahlt werden müssen. Das ist auch dann der Fall, wenn alle Einnahmen nicht über den Grundfreibtrag hinausgehen (derzeit 9.000€ für Alleinstehende). Wer also weniger verdient, jedoch Sozialleistungen erhalten hat, überschreitet wegen des Progressionsvorbehalts die Grenze des Grundfreibetrags und wird folglich nach dem Eingangssteuertarif besteuert.