Einzelveranlagung für Eheleute: Wann lohnt sie sich?
Wie funktioniert die Einzelveranlagung für Ehegatten? Und in welchen Fällen lohnt sie sich? Wir geben Beispiele, wann die Einzelveranlagung sinnvoll ist und helfen Euch bei der Entscheidung!
Ehegatten wählen bei ihrer Steuererklärung die Art der Veranlagung
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, die unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, können jedes Jahr neu wählen, ob sie sich einzeln oder zusammen veranlagen lassen möchten (§ 26 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dafür genügt ein Kreuzchen auf Seite 1 des Mantelbogens. Wenn Eheleute bei ihrer Steuererklärung keine Angaben zur gewünschten Veranlagungsart machen, wählt das Finanzamt automatisch die gemeinsame Veranlagung.
Eingetragene Lebenspartner sind Ehepaaren steuerlich gleichgestellt
Zwischen 2001 und 2017 konnten gleichgeschlechtliche Paare ihre Lebenspartnerschaft eintragen lassen. Seit 2017 ist es ihnen möglich, zu heiraten; eingetragene Lebenspartner können ihre Partnerschaft in eine Ehe umwandeln. Das Bundesverfassungsgericht hat 2013 entschieden, dass eingetragene Lebenspartner gegenüber Verheirateten steuerlich nicht benachteiligt werden dürfen – dass sie also wie Verheiratete am Splittingverfahren teilnehmen, ihre Steuerklassen ändern und z.B. den Sparer-Pauschbetrag und den Sonderausgaben-Pauschbetrag verdoppeln dürfen. Die Gleichstellung im Einkommensteuerrecht wurde im Urteilsjahr beschlossen und gilt rückwirkend ab 2001. In allen noch offenen Fällen (wenn Steuerbescheiden widersprochen wurde) können eingetragene Lebenspartner sich rückwirkend zusammen veranlagen lassen. Wenn eine eingetragene Partnerschaft bis zum 31. Dezember 2019 in eine Ehe umgewandelt wurde, konnte bis zum 31. Dezember 2020 eine rückwirkende Zusammenveranlagung bis zum Beginn der eingetragenen Partnerschaft beantragt werden – auch dann, wenn Steuerbescheide bereits bestandskräftig geworden waren. Das ermöglicht eine Gesetzesänderung im Jahressteuergesetz 2018.
Diese Veranlagungsarten gibt es für Ehepartner
Das Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2013 die Möglichkeiten der Ehegatten-Veranlagung von 7 auf 4 reduziert. Verheiratete können seitdem wählen zwischen:
- Einzelveranlagung mit Grundtarif (§ 26a EStG)
- Zusammenveranlagung mit Ehegatten-Splitting (§ 26b EStG)
Geschiedene und Verwitwete werden einzeln veranlagt. Es gibt zwei Ausnahmen, bei denen sie dennoch vom Splittingverfahren profitieren können:
- Einzelveranlagung mit Sonder-Splitting im Scheidungsjahr (§ 32a Abs. 6 Nr. 2 EStG): Im Jahr der Auflösung der Ehe können Geschiedene das Splittingverfahren beanspruchen, wenn ihr Ex-Partner im gleichen Jahr wieder heiratet und sowohl für die geschiedene als auch für die neue Ehe die Voraussetzungen zur Ehegattenveranlagung vorliegen.
- Einzelveranlagung mit Verwitweten-Splitting (§ 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 EStG): Das Splittingverfahren wird auch im Jahr nach dem Todesjahr des Ehegatten auf das Einkommen des überlebenden Ehegatten angewendet.
Weggefallen sind unter anderem die „besondere“ und die „getrennte“ Veranlagung. Die besondere Veranlagung konnten Steuerpflichtige für das erste Ehejahr beantragen. Dabei wurden sie steuerlich wie Ledige behandelt.
Seit 2013 ersetzt die “Einzelveranlagung von Ehegatten” die vormals „getrennte Veranlagung“. Bei der getrennten Veranlagung konnten Ehepartner Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und haushaltsnahe Aufwendungen so untereinander aufteilen, wie es für sie steuerlich am günstigsten war. Das ist bei der Einzelveranlagung nicht mehr möglich.
So funktioniert die Ehegatten-Einzelveranlagung
Einer Zusammenveranlagung müssen beide Ehegatten zustimmen. Bei der Einzelveranlagung aber genügt es, wenn einer der Ehegatten sie wählt. Für das Finanzamt ist die Wahl dann bindend. Das bedeutet auch, dass der andere Ehegatte dann ebenfalls eine eigene Steuererklärung abgeben muss - auch, wenn er ansonsten gar nicht abgabepflichtig wäre.
Einkünfte und Ausgaben bei Einzelveranlagung
Bei der Einzelveranlagung geben beide Partner eine eigene Steuererklärung ab und erhalten ihren eigenen Steuerbescheid. Jedem Ehegatten werden seine von ihm bezogenen Einkünfte zugerechnet. Gemeinsam erzielte Einkünfte werden, sofern nicht anders vereinbart, den Partnern je zur Hälfte zugerechnet. Aufwendungen werden - anders als früher bei der getrennten Veranlagung - grundsätzlich demjenigen zugeordnet, der sie auch tatsächlich getragen hat. Das gilt für:
- Sonderausgaben
- außergewöhnliche Belastungen
- Steuerermäßigungen bei haushaltsnahen Dienstleistungen, Handwerkerleistungen und energetischen Baumaßnahmen am selbst bewohnten Eigentum (§§ 35a und 35c EStG)
Aufwendungen sind aber auf Antrag zur Hälfte aufteilbar
Auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten nimmt das Finanzamt eine hälftige Aufteilung dieser Kosten vor. In begründeten Einzelfällen genügt auch der Antrag der Person, die die Kosten getragen hat.
Bis zu einem BFH-Urteil im Jahr 2017 gingen die Finanzämter davon aus, dass der hälftige Abzug sich ausschließlich auf Aufwendungen bezieht und nicht auf Frei- und Pauschbeträge. Das sah der Bundesfinanzhof anders und entschied, dass die hälftige Aufteilung auch für den Behinderten-Pauschbetrag möglich ist, der einem der Partner zusteht.
Der Bundesfinanzhof bestätigte 2019 in einem weiteren Urteil die Entscheidung des FG Baden-Württemberg aus dem Jahr 2017 zur hälftigen Aufteilung von Vorsorgeaufwendungen und der Berechnung der abzugsfähigen Höchstbeträge. Das Finanzamt hatte im Fall der Klägerin die abzugsfähigen Sonderausgaben der Eheleute zunächst einzeln ermittelt, anschließend addiert und hälftig aufgeteilt. Der Partner hatte bei dieser Berechnung seine Höchstgrenze nicht ausgeschöpft und die Sonderausgaben der Klägerin, die über der Höchstgrenze lagen, fanden keine Berücksichtigung. Das Finanzgericht hingegen rechnete so: Es teilte zuerst die insgesamt geleisteten Sonderausgaben auf und berechnete dann die abzugsfähigen Höchstbeträge. Steuerersparnis in dem Fall: 1.576 Euro.
Außergewöhnliche Belastungen bei Einzelveranlagung
Bis 2013 wurde die „zumutbare Belastung“ (die Höhe der außergewöhnlichen Belastungen, die Du steuerlich nicht geltend machen kannst) nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten berechnet. Nun hängt sie bei der Einzelveranlagung vom Gesamtbetrag der Einkünfte jedes einzelnen Ehepartners ab.
Ehegattensplitting bei Zusammenveranlagung
Bei einer Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) werden Ehepaare steuerlich wie eine Person behandelt: Sie geben eine gemeinsame Steuererklärung ab und erhalten entsprechend einen gemeinsamen Steuerbescheid. Sämtliche Einnahmen und abziehbare Ausgaben beider Partner werden berücksichtigt, unabhängig davon, wer von beiden sie tatsächlich erzielt oder getätigt hat. Das Finanzamt ermittelt ein gemeinsames zu versteuerndes Einkommen und eine gemeinsame Steuerschuld.
Wenn ein Ehepartner mehr verdient als der andere Ehegatte, bietet eine Zusammenveranlagung meist größere steuerliche Vorteile als eine Einzelveranlagung. Das liegt am sogenannten „Ehegatten-Splitting“, auch „Splitting-Tarif“ genannt. Zwar werden alle Steuerpflichtigen nach dem Grundtarif besteuert, doch bei der Zusammenveranlagung ändert sich das Verfahren zur Ermittlung der Einkommensteuer: Beim Splitting-Verfahren wird nach § 32a Abs. 5 EStG das gemeinsame zu versteuernde Einkommen der beiden Ehepartner ermittelt und anschließend halbiert - als hätten beide Partner je die Hälfte des Einkommens erzielt. Die Einkommensteuer, die für diese Hälfte anfällt, wird verdoppelt und ergibt die gemeinsame Steuerschuld.
Das höhere Einkommen des einen Ehepartners wird also auf den anderen Partner verlagert, die Steuersätze steigen langsamer und folglich wird das hohe Einkommen niedriger besteuert. Deshalb bietet das Ehegattensplitting besonders Partnern mit unterschiedlich hohen Einkünften Steuerersparnisse. Wenn beide gleich viel verdienen, macht das Splitting-Verfahren keinen Unterschied mehr zur Einzelveranlagung.
In unserem Artikel Ehegattensplitting - Wann lohnt sich die Zusammenveranlagung? findest Du weitere nützliche Informationen.
Wann lohnt sich eine Einzelveranlagung?
Trotz der Steuervorteile durch das Ehegattensplitting sorgt in manchen Fällen die Einzelveranlagung für niedrigere Steuern. Wenn Ihr unsicher seid, solltet Ihr beide Veranlagungsarten für Euch durchrechnen - z.B. kostenlos in unserem Steuer-Tool!
Eine Einzelveranlagung kommt unter anderem in diesen Fällen in Betracht:
Progressionsvorbehalt
Bezieht einer von Euch Lohnersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld oder Elterngeld, dann erhöht sich bei einer Zusammenveranlagung Eure Steuerlast, denn diese Leistungen unterliegen dem Progressionsvorbehalt. Sie sind zwar steuerfrei, werden bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens aber mitgerechnet und erhöhen so den Steuersatz. Bei Zusammenveranlagung wirkt sich das auch auf das Einkommen des Partners aus. Das gilt auch für ausländische Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen.
Steuertipp: Lohnersatzleistungen könnt Ihr erhöhen, indem der Partner, der sie erhält, in Steuerklasse 3 wechselt.
Arbeitnehmer-Sparzulage
Wenn Du für bestimmte staatliche Förderungen wie die Arbeitnehmer-Sparzulage Einkommensgrenzen einhalten musst, kann eine Einzelveranlagung sinnvoll sein.
Vorsorgeaufwendungen
Selbstständige können höhere sonstige Vorsorgeaufwendungen absetzen als Arbeitnehmer (2.800 Euro zu 1.900 Euro). Ist einer von Euch selbstständig und der andere Arbeitnehmer? Eine einzelne Veranlagung kann sinnvoll sein, weil sonst die Vorsorgeaufwendungen des Arbeitnehmers beim selbstständigen mit einberechnet werden und dessen möglichen Sonderausgabenabzug kürzen.
Außergewöhnliche Belastungen
Wenn ein Ehepartner hohe außergewöhnliche Belastungen gelten machen möchte, z.B. Krankheitskosten, kann er bei Einzelveranlagung leichter die zumutbare Belastungsgrenze überschreiten und so mehr Kosten von der Steuer absetzen.
Abfindungen
Bei Abfindungen und anderen außerordentlichen Einkünften kann es sich lohnen, auf eine Zusammenveranlagung zu verzichten, damit die Abfindung Einkünfte Deines Partners nicht Deine Steuermäßigung durch die Fünftelregelung beeinflussen. Denn: Je höher das zu versteuernde Einkommen, desto geringer die Steuerersparnis durch die Fünftel-Regelung.
Verlustvortrag
Wer negative Einkünfte geltend machen will, kann durch die Einzelveranlagung verhindern, dass die Verluste mit den Einkünften des anderen Ehegatten verrechnet werden. Der Verlustvortrag gilt dann auch noch in den Folgejahren.
Kirchgeld
Wenn bei einer glaubensverschiedenen Ehe (ein Ehepartner ist konfessionslos oder Mitglied einer Gemeinde, die keine Kirchensteuer erhebt) der kirchensteuerpflichtige Partner keine oder geringe Einkünfte hat und deshalb keine Kirchensteuer zahlen muss, wird bei zusammen veranlagten Ehegatten das besondere Kirchgeld erhoben. Vermeiden könnt Ihr das, indem Ihr Euch einzeln veranlagen lasst.
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Heirats- und Trennungsjahr
Wenn Du frisch geheiratet hast und zuvor alleinerziehend warst, kannst Du bei Einzelveranlagung im Heiratsjahr noch für jeden Monat bis zur Heirat anteilig den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beanspruchen. Er beträgt seit 2023 jährlich 4.260 Euro. Voraussetzung ist, dass Du Anspruch auf Kindergeld für Dein Kind hast und in Eurem Haushalt keine weitere erwachsene Person lebt. Mit seinem Urteil vom 28. Oktober 2021 entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass Dir der Entlastungsbetrag auch im Trennungsjahr zeitanteilig zusteht, und zwar ab dem Zeitpunkt der Trennung (Az.: III R 17/20).
Nebeneinkünfte
Für Arbeitnehmer mit Nebeneinkünften, die nicht der Lohnsteuer unterliegen (z.B. Mieteinkünfte oder Honorare für eine selbstständige Vortragstätigkeit), sind diese Einkünfte bis zu einer Freigrenze von 410 Euro im Jahr steuerfrei. Bei Zusammenveranlagung werden die Nebeneinkünfte beider Partner addiert, die Freigrenze aber nicht verdoppelt. Eine Einzelveranlagung kann sich im Fall von Nebeneinkünften also lohnen.
Was bedeutet „dauerndes Getrenntleben“?
Um als Ehepaar Eure Veranlagungsart wählen zu können, müsst Ihr beide in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sein und dürft nicht dauernd getrennt leben. Es reicht aus, diese Voraussetzungen für einen Tag im Jahr zu erfüllen.
Doch was bedeutet „dauernd getrenntlebend“? Die Finanzverwaltungen verstehen darunter die Aufhebung der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft. Eine eheliche Lebensgemeinschaft umfasst die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten; die Wirtschaftsgemeinschaft meint die gemeinsame Erledigung der wirtschaftlichen Fragen Eures Zusammenlebens.
Das heißt: Auch, wenn Ihr nicht zusammenwohnt, z.B. aus beruflichen Gründen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung oder wegen einer Auslandstätigkeit, könnt Ihr Euch entscheiden, ob Ihr Euch zusammen oder einzeln veranlagen lassen wollt. Das gilt auch für längere Krankenhaus- oder Gefängnisaufenthalte oder wenn ein Ehepartner im Pflegeheim lebt.
Bis wann kann eine gewählte Veranlagungsart geändert werden?
Zunächst ist Eure Entscheidung mit Abgabe der Steuererklärung für das betreffende Steuerjahr bindend. Wenn Ihr Euch doch noch für eine andere Veranlagungsart entscheidet, ist das so lange möglich, bis der Steuerbescheid für das betroffene Jahr bestandskräftig geworden ist (§ 26 Abs. 2 Satz 4 EStG). Ein Steuerbescheid wird in der Regel formell bestandskräftig, wenn die einmonatige Frist für einen Einspruch nach Erhalt des Bescheids verstrichen ist. Und: Das Finanzamt ändert Eure Veranlagungsart nur, wenn Ihr dadurch tatsächlich weniger Einkommensteuer zahlt.