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Die 110-jährige Geschichte der Kurzarbeit

Durch Corona ist das Thema Kurzarbeit omnipräsent. Hier findest Du eine Übersicht zu seiner 110-jährigen Geschichte.

Während der Corona-Krise ist das Thema Kurzarbeit allgegenwärtig. Corona hat dafür gesorgt, dass in der Wirtschaft Zulieferketten zusammenbrechen und aus Unternehmensgewinnen Verluste werden. Als Folge müssen viele Unternehmen um ihr Überleben kämpfen. Kurzarbeit ist ein dominierendes Thema in Medien und Politik in gesamt Europa.

Der Staat greift ein, um Massenentlassungen zu vermeiden, um die Wirtschaft zu stabilisieren und um Personalkosten für Unternehmen zu reduzieren. Das Mittel der Wahl ist häufig das Kurzarbeitergeld, bei dem die Bundesagentur für Arbeit einen Teil des ausfallenden Arbeitslohns zahlt, sobald der Arbeitgeber Kurzarbeit beantragt hat. Das letzte Mal, als das Kurzarbeitergeld so stark thematisiert wurde, war zu Zeiten der Finanzkrise im Jahr 2008. Die Geschichte der Kurzarbeit in Deutschland geht aber deutlich weiter zurück. Hier eine kurze Übersicht:

Der Beginn der Kurzarbeit

Das Thema Kurzarbeitergeld ist seit längerem fester Bestandteil der Gesetzgebung in Deutschland und hat seinen Ursprung im Jahr 1910 als Teil des sogenannten Kali-Gesetzes. Zu dieser Zeit gab es Produktionsquoten, die zwischenzeitlich dafür sorgten, dass Werke im Kalibergbau stillgelegt werden mussten. Zur Überbrückung der Stilllegungszeiten wurde den Arbeitnehmern Kurzarbeiterfürsorge aus Staatsmitteln gezahlt.

Diese sehr spezifische Regelung wurde im Jahr 1924 zu einer Version erweitert, die dem heutigen Kurzarbeitergeld gleicht. Die Modifikation war als Reaktion auf die Hyperinflation 1923 dringend notwendig und wurde Kurzarbeiterunterstützung genannt. Die Gesetzesgrundlage für das Kurzarbeitergeld, wie wir es heute kennen, wurde dann im Jahr 1927 im Rahmen des „Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“ geschaffen.

Natürlich war in Zeiten des Wirtschaftswunders nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs das Thema Kurzarbeit kaum relevant. Das änderte sich jedoch schlagartig, als in den späten 60-er Jahren die erste Wirtschaftskrise abgefedert werden musste. Wieder war das Kurzarbeitergeld das Mittel der Wahl, was eine erneute Modernisierung der Gesetzesgrundlage mit sich brachte. Der prominenteste Einsatz der Kurzarbeit in der moderneren Geschichte war aber zweifelsfrei die globale Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009.

Kurzarbeit in der Finanzkrise

Während andere Länder in Europa und weltweit teils längerfristig mit den Auswirkungen der Finanzkrise zu kämpfen hatten und vereinzelt sogar neue Wirtschaftskrisen entstanden sind, hat sich die deutsche Wirtschaft verhältnismäßig schnell erholt. Zwar war das Jahr 2009 sowohl durch steigende Arbeitslosenzahlen als auch durch ein negatives Wirtschaftswachstum gekennzeichnet, allerdings konnte dieser Trend im Jahr 2010 sofort korrigiert werden. Ein Grund dafür: das Kurzarbeitergeld.

Dank der Entlastung der Unternehmen durch den Staat, insbesondere bei den Lohnkosten, konnte der Effekt der Krise auf die Arbeitslosenzahlen gering gehalten werden. So waren während des Höhepunktes im Jahr 2009 zwar mehr als 1,1 Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit, allerdings konnte durch diese Maßnahme eine höhere Arbeitslosigkeit vermieden werden. Trotz des offensichtlichen Erfolgs gibt es in anderen Ländern kaum vergleichbare Instrumente.

Das Coronavirus stellt das Instrument Kurzarbeit vor seinen bisher größten Belastungstest. Anders als in den Vereinigten Staaten beispielsweise ist es uns bis jetzt sehr gut gelungen, den Effekt von Corona auf die Arbeitslosigkeit gering zu halten.

Coronakrise und Kurzarbeit

Laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vom Juni 2020 hatten bis dahin bereits 12 Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen. 50 Prozent der deutschen Unternehmen haben Kurzarbeit beantragt – Tendenz steigend. Obwohl die Arbeitslosenquote im Mai 2020 um 1,2 Prozent höher lag als noch im Vorjahr, ist deutlich erkennbar, wie sehr das Kurzarbeitergeld den Effekt des Coronavirus auf den Arbeitsmarkt abgefedert hat. Aus Medien und Politik konnte man entnehmen, dass in den USA - wo es nicht die Möglichkeit gibt, Kurzarbeit zu beantragen – seit Beginn der Corona-Krise bereits mehr als 30 Millionen Menschen ihren Job verloren haben. Das Kurzarbeitergeld und dessen tiefe Verankerung in der deutschen Wirtschaftsgeschichte haben uns bisher vor diesem Szenario bewahrt.

Die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld wurde von der Politik Ende 2021 verlängert. Dadurch wurde verhindert, dass Menschen ihre Arbeit verlieren. Nach dem dritten Monat und sechsten dem Monat der Bezugsdauer wird das Kurzarbeitergelds erhöht. Arbeitnehmer mit Kindern bekommen 7 Prozent mehr Kurzarbeitergeld.

Kultur in Europa in Zeiten von Corona: Kultur-Einrichtungen mussten geschlossen bleiben. Deshalb hat die Kultur in Europa besonders gelitten. Staatliche Kultur-Einrichtungen haben weniger Nöte, da sie weiterhin finanziert werden. Freiberuflich Tätige in der Kultur kämpfen um ihre Existenz.

Es gibt noch andere Möglichkeiten für die Politik in Zeiten von Krisen einzugreifen. Zwei der bekanntesten Entgeltersatzleistungen sind Transferkurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld. Diese ermöglichen, gezielt Entlassungen zu vermeiden.

Ein Blick auf ein anderes Land in Europa, das Beispiel Schweiz:

Kurzarbeit ist vor allem in Ländern anzutreffen, wo die betriebliche Bildung eine große Bedeutung hat. Wer viel Geld und Zeit in die Bildung seiner Mitarbeiter steckt, verzichtet ungern auf die Erträge dieser Investitionen und ist daher eher bereit, die Angestellten über eine längere Durststrecke hinweg zu beschäftigen. Die Schweiz mit ihrem dualen System der Bildung steht exemplarisch für diese Beobachtung. In der Schweiz gibt es eine ähnliche Sozialpolitik mit ähnlichen Leistungen, um Krisen zu bekämpfen. In der Schweiz heißt es Kurzarbeitsentschädigung. Die Kurzarbeitsentschädigung unterscheidet sich nur leicht von der Kurzarbeit, wie sie in Deutschland existiert.

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