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Steuerstudie: Wie hoch ist die Steuerbelastung?

Eine aktuelle Steuerstudie von wundertax und der Humboldt-Universität zu Berlin zeigt, dass die Steuerbelastung vor allem für niedrige und mittlere Einkommen überschätzt wird.

Steuerstudie: Wie hoch ist die Steuerbelastung?

Weißt Du eigentlich, wieviel Einkommensteuer Du zahlst? Nein? Dann geht es Dir wie fast einem Viertel der Teilnehmer unserer Steuerstudie von 2020, die wundertax in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt hat. In der Studie über „Wahrnehmung der Einkommensteuerbelastung“ wurden 517 Studienteilnehmer zu ihrer eigenen Steuerbelastung befragt.

Darüber hinaus sollten sie die Einkommensteuer für Arbeitnehmer (unverheiratet, kinderlos, ohne weitere Einkünfte) mit Jahresbruttogehältern von 10.000, 35.000, 100.000 und 500.000 Euro schätzen. Sie wurden gebeten, sowohl die Durchschnittssteuerbelastung als auch die Grenzsteuerbelastung für diese Gehälter einzuschätzen.

Moment mal - Durchschnittssteuersatz? Grenzsteuersatz?

Steuern gehen uns zwar alle an - doch oft ist es schwer, sich im Steuerjargon zurechtzufinden. Zur Erklärung: Der Durchschnittssteuersatz gibt den prozentualen Anteil Deiner Einkommensteuer an Deinem gesamten zu versteuernden Einkommen an. Den durchschnittlichen Steuersatz errechnest Du, indem Du Deinen Steuerbetrag durch Dein zu versteuerndes Einkommen teilst. Das Ergebnis wird mit 100 multipliziert - heraus kommt Dein Durchschnittssteuersatz.

Beispiel: Auf ein zu versteuerndes Einkommen von 48.000 Euro fällt ein Steuerbetrag von 11.107 Euro an (ohne Solidaritätszuschlag). 11.107 Euro / 48.000 Euro = 0,231 × 100 % = 23,1 %.

Zur Berechnung Deiner Einkommensteuer wird aber meist nicht ein einziger Steuersatz auf Dein gesamtes Jahreseinkommen angewendet, sondern - je nach Einkommenshöhe - mehrere: die sogenannten Grenzsteuersätze. Im deutschen Steuerrecht gibt es 5 Tarifzonen. Zone 2 und 3 (Einkommen von 9.744 Euro bis 57.919 Euro, Stand: 2021) sind nach Einkommensstufen unterteilt. Für jede Einkommensstufe gilt ein festgelegter Grenzsteuersatz. Dein Einkommen wird also auf mehrere Stufen aufgeteilt. Für jede Stufe, also für verschiedene Teile Deines Einkommens, wird die Steuer nach dem jeweiligen Grenzsteuersatz berechnet. Die Summe ergibt dann Deinen Steuerbetrag.

Die Steuertarife verlaufen progressiv, das heißt: Je mehr Du verdienst, desto höher wird der Mehrverdienst besteuert. Die Idee dahinter ist: Steuergerechtigkeit. Womit wir wieder bei unserer Studie wären.

Fehlwahrnehmung der Steuerbelastung

Die Studienteilnehmer überschätzten mehrheitlich die Durchschnittssteuerbelastung vor allem für die ersten beiden Gehaltsgruppen enorm. Für ein Jahreseinkommen von 10.000 Euro wurde ein Durchschnittssteuersatz von 14 % angenommen, dabei liegt die tatsächliche Belastung bei genau: 0. Denn bei einem Jahresgehalt von 10.000 Euro fallen gar keine Steuern an. Der Grundfreibetrag, auf den niemand Steuern zahlen muss, liegt nämlich bei 9.744 Euro (2021). Dazu kommt die Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro, die automatisch von Deinem Einkommen abgezogen wird. Versteuert wird nur das, was Du darüber hinaus verdienst.

Bei einem Jahresgehalt von 35.000 Euro zahlt man 13,4 % Steuern - viele Studienteilnehmer schätzen den Durchschnittssteuersatz auf knapp 24 %, also fast doppelt so hoch ein.

Um immerhin noch 3,6 Prozentpunkte wird die Steuerhöhe bei einem Jahresgehalt von 100.000 Euro überschätzt. Die Durchschnittssteuerbelastung für ein Jahresgehalt von 500.000 Euro hingegen wird unterschätzt: Tatsächlich fallen darauf 4,5 % mehr Steuern an, als die Befragten glauben.

Die durchschnittliche Einkommensteuerbelastung vor allem für niedrige und mittlere Einkommen wird stark überschätzt.

Zu ihrer eigenen Steuerbelastung konnten 23 % der Teilnehmer gar keine Angaben machen - sie wussten es schlicht nicht. Die überwiegende Mehrheit überschätzt die eigene Steuerbelastung noch stärker als die der vorgegebenen Bruttogehälter.

Die Schätzung der Grenzsteuerbelastung fiel allen Befragten noch schwerer als die der Durchschnittssteuerbelastung, sowohl beim eigenen Gehalt als auch bei den angegebenen Einkommensgruppen. Sie wurden gefragt, wie hoch die Grenzsteuerbelastung bei einem Mehrverdienst von 1.000 Euro ist. Die Grenzsteuerbelastung für das eigene Einkommen wird genauso überschätzt wie für das Bruttogehalt von 10.000 Euro (18,2 % statt korrekt: 0 %).

Bei den hohen Gehältern von 100.000 und 500.000 wird die Grenzsteuerbelastung deutlich unterschätzt – tatsächlich fällt sie höher aus, als 75 % der Befragten annehmen.

Ab wann gehört man in Deutschland zu den Spitzenverdienern?

Hättest Du gedacht, dass man mit einem Jahresgehalt von 55.000 Euro bereits zu den Top 10 % - Verdienern in Deutschland gehört? Der Spitzensteuersatz von 42 % greift bereits ab einem Einkommen von 57.918 Euro im Jahr (2021). Die Schere zwischen „Normalo“ und „Top Ten“ geht gar nicht so weit auseinander, wie man denken könnte.

Ab 133.500 Euro Jahreseinkommen zählt man sogar zu den Top 1 % der Spitzenverdiener. Die Hälfte der Befragten dachte, dass das erst bei einem Jahresgehalt von 500.000 Euro der Fall ist.

Steuersenkung

Bei der Frage, welche Steuerbelastung sie als angemessen empfinden, sprachen sich (ausgehend von ihrer vorherigen (Fehl-)Einschätzung) 60 % der Teilnehmer für eine Steuersenkung aus. Und zwar für alle 4 Gehaltsgruppen, einschließlich der Gruppe mit Einkommen von 500.000 Euro jährlich. Interessant ist auch, dass die als angemessen empfundene Steuerbelastung für Einkommen von 10.000 Euro und 35.000 Euro immer noch höher liegt, als die tatsächliche Steuerbelastung.

Subjektives Empfinden…

Die Studie veranschaulicht das subjektive Empfinden zur Steuerbelastung, die ohne Differenzierung in allen 4 Gehaltsgruppen als zu hoch wahrgenommen wird. Diese Wahrnehmung beruht allerdings auf falschen Annahmen.

Mag sein, dass diese Schwierigkeiten daher rühren, dass das Wissen um Grenzsteuersätze und Steuerprogression (s.o.) kaum vorhanden ist. Unser progressives Steuersystem sorgt für eine Umverteilung vor allem von der gehobenen Mittelschicht und den Besserverdienenden nach unten. Das soll die ungleiche Verteilung der Einkommen mildern und für mehr Gerechtigkeit sorgen. Dabei könnte sich auch eine ernsthafte Diskussion über eine Vermögens- und Erbschaftssteuer lohnen.

… und tatsächliche Steuerbelastung

Dein „zu versteuerndes Einkommen“ ist nicht gleichzusetzen mit Deinem Bruttogehalt! Es ist der Betrag, auf den Steuern anfallen, nachdem alle absetzbaren Kosten abgezogen wurden. Umso wichtiger ist es, eine Steuererklärung abzugeben!

Die Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro jährlich wird zum Beispiel bereits anteilig beim monatlichen Lohnsteuerabzug berücksichtigt. Wenn Du nicht das ganze Jahr über gearbeitet hast, schöpfst Du also gar nicht das ganze Potential des Arbeitnehmer-Pauschbetrags aus. Du hast aber einen Rechtsanspruch auf die volle Summe - auch, wenn Deine tatsächlichen Aufwendungen für Werbungskosten darunter liegen, Du Lohnersatzleistungen bezogen oder nicht während des ganzen Jahres gearbeitet hast. Geltend machen kannst Du Deinen Anspruch in diesen Fällen aber nur – Du errätst es bestimmt – indem Du eine Steuererklärung abgibst.

Der Fiskus hat für die Steuerjahre 2020 und 2021 bereits einige Freibeträge (Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag & Kindergeld, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) und Pauschalen erhöht, die Home-Office-Pauschale neu eingeführt und den Solidaritätszuschlag für 90 % der Steuerzahler abgeschafft. Ausführliche Infos zu diesen Steuererleichterungen findest Du in unserem Artikel Steuererklärung 2021 – nutze diese Möglichkeiten und spare Steuern!

„Die Unkenntnis der Steuergesetze befreit nicht von der Pflicht, Steuern zu zahlen. Die Kenntnis aber häufig!" (A. Meyer Rothschild, Bankier)

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Herzlichen Dank an Prof. Dr. Ralf Maiterth und M. Sc. Karina-Bettina Körösi vom Lehrstuhl für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre

Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Humboldt-Universität zu Berlin